hr-iNFO-Büchercheck: Macht von Karen Duve

hr-iNFO-Büchercheck: Macht von Karen Duve

18.02.2016

Karen Duve, Jahrgang 1961, ist eine ebenso erfolgreiche wie streitbare Autorin. Ihre Romane waren Bestseller und mit ihren Sachbüchern hat sie sich als radikale Kritikerin des westlichen Lebens- und Konsumstils profiliert. Auf diesem Weg geht ihr neuester Roman „Macht“ noch einen Schritt weiter. hr-iNFO Bücherchecker Alf Mentzer hat den Roman gelesen.

Worum geht es?
„Macht“ ist eine ziemlich düstere Zukunftsvision. Deutschland im Jahr 2031: Die Klimakatastrophe hat voll zugeschlagen. Politik und Wirtschaft sind machtlos. Die Regierung wird mittlerweile von Frauen dominiert, der Feminismus ist zur Staatsdoktrin geworden. Männer haben sich angepasst, sind in islamische Staaten emigriert oder leisten Widerstand. Dies tut auf seine Weise auch die Hauptfigur des Romans, Sebastian Bürger. Seit zwei Jahren hat er seine Frau, die Ministerin für Umwelt und Naturschutz, im Keller eingesperrt. Er foltert, vergewaltigt, demütigt sie aus Rache für die vermeintliche Verletzung seines männlichen Stolzes.

Wie ist es geschrieben?
Karen Duve erzählt so schnörkellos und lakonisch, dass einem beim Lesen mulmig werden kann. Richtig gruselig wird es aber, wenn der Roman uns in den Gefängniskeller führt, den der gekränkte Mann zur Disziplinierung seiner Frau eingerichtet hat. Das hat Stephen-King-Horror und hört sich dann so an:

„Ich lasse sie dicht an die Wand treten, dorthin, wo ich drei Metallringe mit Karabinerhaken ins Mauerwerk gedübelt habe, einen in Kniehöhe, einen in Schulterhöhe und einen über Kopfhöhe, und hake die Kette, die an Christines Halsband befestigt ist, so straff wie möglich in den mittleren. Ich weiß, das klingt jetzt alles ganz furchtbar, Kette und Halsband. Da denkt man leicht an Inquisition oder SM-Studio, aber ich bin kein Perverser, bloß ein Mann mit ganz normalen Bedürfnissen.“

Wie gefällt es?
Es steckt viel drin in diesem Roman, und er wird sicherlich für kontroverse Diskussionen sorgen. „Macht“ entwickelt durchaus spannende Vorstellungen vom Untergang der Welt, wie wir sie kennen. Schwächer ist der Roman, wenn es um die Analyse der Ursachen und Entwicklungen geht, die zu diesem Endzeitszenario geführt haben. Da kennt Karen Duve eigentlich nur einen Schuldigen, und das ist der Mann mit seinem rücksichtslosen Dominanzstreben, personifiziert durch den Hobbykeller-Sadisten Sebastian. Man kann von Männern halten was man will, aber wenn ein Roman über solche eindimensionalen Erklärungsmuster nicht hinauskommt, dann verkauft er seine hellsichtigen Zukunftsvisionen leider weit unter Wert.

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gebundenes Buch, 414 S.
Sprache: Deutsch
Galiani Berlin
ISBN: 9783869710082